Geschichte des Zentrums für Transformationsforschung

In den letzten Jahren wurde mit dem Thema „Transformationen von Macht“ ein weiteres Arbeitsfeld erschlossen, auf dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insbesondere der Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft und Soziologie eine Arbeitsgruppe bildeten, um Forschungseinzelanträge unter einem gemeinsamen Rahmenthema zu bündeln und sich über diese Projekte gegenseitig auszutauschen (s. u. „Zur Geschichte…“). Beiden Arbeitsbereichen ist gemeinsam, dass sie sich mit dem Aufbrechen alter Strukturen und mit neuen Strukturierungen in Gesellschaft und Weltgesellschaft befassen.

Als diese beiden Arbeitsgruppen integrierender Rahmen kann die derzeit im Vordergrund des ZTF stehende Thematik als

„Transformation von Macht, Herrschaft und Strukturen“

zusammengefasst werden.

Das ZTF ist aus dem Universitätsschwerpunkt „Transformation als Epochenbruch“ hervorgegangen, der sich in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung und der Auflösung der Sowjetunion seit 2004 mit postsozialistischer Transformation, seit 2008 auch mit der Transformation Europas befasste. Zwischen 1994 und 2004 standen vor allem Probleme der binnengesellschaftlichen Transformation, deren komplexe Dimensionen und Ursachen sowie gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Neugestaltungsversuche im Zentrum der gemeinsamen Forschungen. Untersucht wurden sowohl die offenen Umstrukturierungen gesellschaftlicher Teilbereiche und Handlungssysteme als auch die "verborgenen" Veränderungen in den kognitiven und normativen Orientierungen, Typisierungen und Arrangements. Wichtige Bereiche der quantitativ- und qualitativ-empirischen Studien bildeten die Wirtschaft (Arbeit, industrielle Beziehungen, Märkte und Unternehmen), die Politik (Akteure und Institutionen), Sozialstrukturen, Ungleichheiten, soziale Netzwerke und Lebensführungen, aber auch Bildungssysteme, Professionalisierungsprozesse, Massenkulturen sowie soziale bzw. personale Identitäten und Bewältigungsstrategien, wobei regional vor allem Ostdeutschland, Polen, Tschechien, Bulgarien und Russland in den Blick genommen wurden. Dieser Breite der Untersuchungsgegenstände entsprechend wurden in disziplinärer Hinsicht neben soziologischen und bildungs- bzw. erziehungswissenschaftlichen auch sozial- und kulturanthropologische, sprachwissenschaftliche, wirtschafts- und politikwissenschaftliche sowie psychologische und philosophische Analysen vorgenommen.

Unter der Prämisse, dass eine schlichte Übertragung tradierter sozialer, ökonomischer und kultureller Wandlungstheorien, insbesondere des Modernisierungsansatzes, nicht ausreicht, erhob eine Reihe von Forschungsprojekten einen explizit theoriekritischen und zum Teil theoriegenerierenden Anspruch. Insbesondere internationalen und interkulturellen Vergleichsanalysen kam darin eine besondere Bedeutung zu.

Seit der Jahrtausendwende begannen sich in Reflexion der veränderten gesellschaftspraktischen Lagen in den Transformationsgesellschaften Mittelost- und Osteuropas, aber auch im Westen und auf weltgesellschaftlicher Ebene Forschungsinteressen, Forschungsperspektiven und Themen der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verschieben. In einem längeren, bis 2004 geführten Diskussionsprozess im Forschungsschwerpunkt rückten das Verhältnis Mittel- und Osteuropas zur Europäischen Union ins Zentrum der Betrachtungen. Ein Schwerpunkt der Betrachtung war der Europäisierungsprozess selbst, einen weiteren Schwerpunkt bildete die Globalisierung von Wirtschaft, Politik (global governance) und Kultur (global culture, Transkulturalitäten) mit ihren Rückwirkungen auf Mittelost- und Osteuropa.

Seit 2008 veränderte sich die Zusammensetzung der mitwirkenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erneut. Getragen von der Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft, Bildungswissenschaft und Soziologie wurde das Transformationsverständnis nun wesentlich erweitert und umfasst historische und gegenwärtige gesellschaftliche sowie (teil)systemische Transformationsprozesse. Thema sind derzeit die Transformationen der Macht. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen Transformationen von Macht in institutionellen und nicht-institutionellen Kontexten. Gefragt wird a) nach den verschiedenen Formen von Macht(-Beziehungen) und institutionalisierten Formen von Macht, die wir als Herrschaft verstehen, b) nach dem inneren Wandel von Macht bzw. Herrschaft, c) nach der De-Institutionalisierung von Herrschaft und deren Erosion zu bloßer Macht d) nach den Transformationsprozessen zu neuartigen oder bislang unbeachteten Ausprägungen von Macht bzw. Herrschaft. Derartige, oft durch sozialen Wandel hervorgerufene Transformationsprozesse treten in Zeiten gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Umbrüche vielfach in beschleunigter Form auf. Zugleich sind sie aber auch als allmähliche, schleichende Formen des Wandels zu beobachten.

Seit 2013 arbeiten verschiedene Mitglieder des ZTF an weiteren Themenschwerpunkten (siehe Aktuelles):

"Kapitalistische Wirtschaftskulturen: Geld, Finanzen, Ökonomie"

"Religion und Transformation: Glaube im Spannungsfeld von Macht und Geld"

"Transformationsforschung und digitale Humanwissenschaften"

 

 

 

 

 

Letzte Änderung: 08.06.2016 - Ansprechpartner: Webmaster